Katalanisch

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Klassifikation, Sprachgebiet, Sprachgrenze

Die katalanische Sprache ist eine Brückensprache zwischen der Galloromania und der Iberoromania, wird jedoch der Galloromania zugeordnet, weil das Lautsystem und der Wortschatz wesentlich mehr Ähnlichkeit zu den galloromanischen Sprachen als zu den iberoromanischen Sprachen aufweist. Die Katalanen haben es vermieden, sprachliche Strukturen aus dem Spanischen zu übernehmen, sondern bilden eine Sprachverwandtschaft mit dem Südfranzösischen. Die Sprachräume der katalanischen Sprache sind Katalonien, ein Grossteil von València, die Pityusen, Aragonien, die Balearen (Menorca, Mallorca, Ibiza), das frz. Departement Pyrénées Orientales, das Fürstentum Andorra, die sardische Stadt Alguer und ein winziges Gebiet der Provinz Murcia (murcianische Katalanismen: adivinalla: ‚Rätsel’; conreo: ‚Landbau’).[1]

Die Zahl der Katalanischsprecher liegt zwischen 6 und 6,5 Millionen und die Größe des katalanischen Sprachgebiets beträgt etwa 60.000 km². Die Sprachgrenze verläuft im Norden zum Okzitanischen (Languedokisch, Gaskonisch) und im Westen und Süden zum Spanischen (Aragonesisch und Murcianisch).[2] Mitten durch Katalonien verläuft eine Isoglosse, die das Sprachgebiet in Ostkatalonien und Westkatalonien teilt. In Ostkatalonien existieren die Dialekte Rossellonès, Català oriental, Balear und Alguerès. In Westkatalonien gibt es als Dialekte Català occidental und València.[3]

Katalanisch als Brückensprache zwischen der Galloromania und der Iberoromania entlehnt viele Wörter und morphosyntaktische Strukturen aus anderen Regionen oder Ländern, gibt jedoch auch Vokabular an seine Nachbarregionen weiter. Die katalanische Sprache gibt beispielsweise italienische Wärter an die spanische Sprache weiter. Die Übertragung katalanischer Wörter in die spanische Sprache findet oft über die aragonesische Sprache statt. Die spanische Sprache entlehnt vor allem Fachvokabular aus dem Katalanischen aus dem Bereich: Seefahrt, Schiffsbau (Span.: arronzar – ‚die Anker lichten’; Katalan.: arronsar) / Handwerk, Industrie, Produkte (Span.: imprenta – ‚Abdruck’; Katalan.: empremta) / Ämterbezeichnungen (Span. u. Katalan.: maestre – ‚Ordensmeister’, ‚erster Steuermann’) / Nahrungsmittel und katalanische Gerichte (Span.: turrón – ‚Art Süßigkeit’; Katalan.: torró / Tier- und Pflanzennamen (Span.: rape – ‚Seeteufel’; Katalan.: rap). Großen Einfluss auf die katalanische Sprache hatte die okzitanische Troubadourdichtung (bis ins 15. Jhd.: aur – ‚Gold’; autrejar – ‚gewähren’).[4]


Externe Sprachgeschichte

Die Phönizier und die Karthager gelangen ca. 600 v. Chr. nach Katalonien und beeinflussen dort die Kultur. Später, ca. 200 v. Chr. wird Katalonien romanisiert und es findet ein tiefer Eingriff in die Sprache und Gesellschaft statt, so entwickelt sich beispielsweise das Vulgärlatein. Erst im 8. Jhd. n. Chr. entsteht ein zusammenhängendes katalanisches Gebiet durch Bildung katalanischer Grafschaften. Katalonien wird zum kulturellen Mittelpunkt zwischen dem Islam der Araber und den Karolingern in Europa. Außerdem beginnt die Epoche der Romantik von Katalonien aus. Zu diesem Zeitpunkt bildet sich die katalanische Sprache heraus. Ab dem 12. Jhd. wird der Name „Katalonien“ und „die Katalanen“ zum ersten Mal verwendet. Zudem wird Katalonien Königreich. Das heute bekannte Gebiet Kataloniens entsteht ca. 1200 n. Chr.. Schriftsprache und gesprochene Sprache am Hof ist katalanisch. Sehr bekannt wurde der zu dieser Zeit lebende katalanische Philosoph und Schriftsteller Ramon LIull. Außerdem erschien das erste bekannte Buch in València: Les trobes en Ilaor de la verge Maria. Trotz der Monarchie bildet sich in Katalonien ein politisches System mit Parlament, Gesetzbuch, u.a. heraus. Ab 1410 wird Katalanisch durch die kastilische Sprache immer mehr verdrängt. In Katalonien stirbt die Dynastie aus, weil kein Thronfolger da ist. Neuer Thronfolger wird Ferdinand von Antequera aus Kastilien. Danach wird der Habsburger Karl V Nachfolger. 1635 gibt es Konflikte der Katalanen mit König Philipp IV aus Kastilien und es folgen Unabhängigkeitskriege der Katalanen. Danach werden die Bourbonen Nachfolger auf dem Thron Kataloniens. Zudem setzen sich die Gesetze Kastiliens in Katalonien durch. Spanisch soll Nationalsprache in Katalonien werden. Die Universitäten werden geschlossen und die katalanische Verfassung wird abgeschafft. Erst 1840, zur Renaixença, blühen Sprache und Kultur Kataloniens wie im Mittelalter wieder auf. 1873 entsteht die erste spanische Republik unter die Katalonien fällt. Es folgen Unabhängigkeitsbestrebungen der Katalanen. Durch die Autonomiebestrebungen der Katalanen ab 1900 wird erreicht, dass es ein eigenes Parlament, eigene Parteien, u.a. gibt. Die katalanische Sprache nimmt einen neuen Aufschwung. Ab 1939 entsteht eine harte Unterdrückung der Katalanen durch Franco. Der katalanische Präsident LIuí Companys wird erschossen. Die katalanische Sprache und Kultur setzt sich ab 1976 wieder durch. Dennoch dauern die Autonomiebestrebungen der Katalanen an. Historisch und politisch gesehen gehört Katalonien also zu Spanien, wenn auch mit eigener Sprache und Kultur.[5]


Dekadenz

Die Sprache der spanischen Oberschicht wirkte ab der Dekadenz in Katalonien, ab dem 17. Jhd. stark auf das Katalanische, wurde aber mit der Zeit negativ betrachtet und verdrängt. Ab 1830 gab es in Katalonien nur noch wenig spanischen Wortschatz und es wurde ein Kompromiss gefunden, einige spanische Wörter im Katalanischen beizubehalten. Heute enthält die katalanische Sprache einige spanische Wörter und morphosyntaktische Strukturen aus dem Spanischen. Entlehnungen aus dem spanischen Wortschatz sind: 13. Jhd.: levar statt katalan. portar (‚tragen’); sobrino statt nebo (‚Neffe’); 15. Jhd.: amo statt mestre (‚Meister’); castigar statt punir (‚bestrafen’). Spanische Wörter, die ins Katalanische übernommen wurden, haben das auslautende {- o}. Die katalanische Sprache hat das auslautende {-o} nicht mehr, außer als Stützvokal; 17.Jhd.: span. aparento – ‚Gemach’; palacio – ‚Palast’; buscar – ‚suchen’; 18. u. 19. Jhd.: span. barco – ‚Schiff’; Gegenwärtig: acera – ‚Bürgersteig’, statt katalan. vorera; busson – ‚Briefkasten’, statt katalan. bústia; sello – ‚Briefmarke’, statt katalan. segell; Entlehnung morphosyntaktischer Strukturen aus dem Spanischen sind: Im irrealen Bedingungssatz wird, wie im Spanischen, der Konjunktiv Imperfekt verwendet. Früher wurde der Indikativ Imperfekt verwendet, wie in den galloromanischen Sprachen, z.B.: "Si vinguessis, t’ho ensenyaria statt si venies, t’ho ensenyaria“. Im temporalen Nebensatz mit Futur wird, wie im Spanischen, Konjunktiv Präsens verwendet. Früher wurde Indikativ Futur verwendet, z.B.: quan arribis, marxarem statt quan arribaràs, marxarem. Es wird außerdem das Relativelement el que statt que verwendet, z.B. : un article en el que exposava statt un article en què exposava.[6]


Sprachkontakt

Auf den Inseln herrscht viel Einfluss von anderen Sprachen vor. In Rosselló hat die französische Sprache Einfluss auf die Sprache: vorura – ‚Auto’; presque – ‚beinahe’. Auf Ibiza gibt es viele Anglizismen: xoc – ‚Kreide’, engl.: chalk. In Alghero ist die sardische Sprache (murendu –‚Esel’; frucar – ‚schneien’) und die italienische Sprache (indiriz – ‚Adresse’; assai – ‚viel’) durchaus von Bedeutung.[7]

Abgesehen davon, dass Katalanisch durch Nachbarsprachen beeinflusst wird, existieren in Katalonien zwei unterschiedliche Sprachen: Ostkatalanisch und Westkatalanisch. Die Koiné Ost/West, die Sprachgrenze Ost/Westkataloniens teilt die katalanische Sprache in zwei unterschiedliche Sprachen. Diese Teilung des Sprachgebiets kann durch unterschiedliche Hypothesen erklärt werden. Die Hypothese der Wiedereroberung besagt, dass die Gebiete, die südlich der Bergkette von Montsec liegen, nach der Reconquista neu besiedelt wurden und als Verlängerung der westlichen Seite der Sprachgrenze dienen. Gegen diese These spricht, dass die Eroberung von Osten nach Westen stattgefunden hat. Die Hypothese der Substratbeeinflussung erklärt die Koiné dadurch, dass in Ostkatalonien u.a. nicht-indogermanische Stämme waren, z.B. die Iberer und die Basken. Diese wirkten mit ihrer Sprache auf das Vulgärlatein. Gegen diese These spricht, dass überall nördlich des Montsec nicht-indogermanische Stämme waren. Außerdem sind diese nicht-indogermanischen Sprachen, durch die Substrat entsteht, fast nicht bekannt, so dass man die Art der Beeinflussung nicht erklären könnte. Als Erklärung kann auch dienen, dass in Ostkatalonien eine starke Romanisierung und fast keine Substratbeeinflussung war, während in Westkatalonien und València wenig Romanisierung, aber eine starke Superstratbeeinflussung durch das Arabische war. Gegen diese These spricht, dass die Araber nicht die Verwaltungslinie in Katalonien überschritten. Außerdem wurden die Provinzen Kataloniens, die die Araber bekamen, grundlegend arabisch (Bsp.: {-o} im absoluten Auslaut). Die soziolinguistische Hypothese thematisiert, dass viele westkatalanische Menschen in die neu besiedelten Gebiete um València herum zogen, so ist in Literatur um 1200 („Costums de Tortosa“ → Tortosa liegt in València) westkatalanischer Dialekt enthalten. Außerdem hat sich während der fränkischen Besetzung das Gebiet um Barcelona mit der Galloromania im Süden verbunden und das Gebiet um Urgell mit der Iberoromania. (Ostkatalan.: jonc : ‚Binse/Pflanze’; mirall: ‚Spiegel’; Westkatalan.: junc von span. junco; melic von aragonesisch melico). Die Hypothese der Religionsübernahme besagt, dass Ostkatalonien im Mittelalter durch die Religion und religiöse Kultur beeinflusst wurde. Die karolingische Schrift war in Ostkatalonien dadurch bereits ab dem 9. Jhd.. In Westkatalonien wurde die gotische Schrift erst ab dem 12. Jhd. durch die karolingische Schrift abgelöst. Der Unterschied zwischen Ostkatalanisch und Westkatalanisch im 13. und 14. Jhd. zeigte sich z.B. im unterschiedlichen Vokalismus, in unterschiedlicher Diphthongierung und im Schwa-Laut: Ostkatalanisch: nèixer (‚geboren werden’), jeure (‚liegen’);gardades (‚Wächter’), aiga (‚Wasser’); vart (‚grün’), marsa (‚Gnade’); fabrer (‚Februar’), vanut (‚gekauft’), astà (‚diese’); Westkatalanisch: nàixer, jaure; guardades, aigua; verd, mercè; febrer, 'venut, està.[8]


Standardisierung

Die Trennung Ostkatalanisch/Westkatalanisch bedingte, dass in Katalonien lange Zeit zwei ganz unterschiedliche Scriptae, Schrifttraditionen, vorherrschten. Bis 1300 n. Chr. hatte West- und Ostkatalonien zwei völlig unterschiedliche Scriptae. Ab 1300 wurde Ostkatalanisch Verwaltungs- und Amtssprache und in ganz Katalonien einheitlich verwendet. Verstärkt wurde die Gültigkeit der ostkatalanischen Sprache um 1500. Zu dieser Zeit wurde die feste Schaffung einer einheitlichen Schrift durch Antoni Canals und Joan Bonllavi nochmals verstärkt. Methode der neuen Schrifterstellung war die „Synonymenhäufung (Holtus, 1995:482)“. Dabei wurden Lesern verschiedene Synonyme vorgesetzt, ohne dass diese diachron, diatopisch, diastratisch oder diaphasisch gekennzeichnet waren. Der Leser sollte dann das gegenwärtig gebräuchliche Wort herausfinden: Bsp.: jorn (‚altertümlich’) − dia (‚modern’); denant (‚altertümlich’) − davant (‚modern’); Bestimmte westkatalanische Lexeme wurden in die neue Sprache eingebunden. Schließlich gab Bernat Fenollar aus València zusammen mit ostkatalanischen Grammatikern ein Werk heraus, welche Lexeme man vermeiden sollte. Das Werk von Fenollar gilt als wegbereitend für die neue Sprache, gerade weil Ostkatalanen und Westkatalanen zusammengearbeitet haben.[9]

Aufgrund der außergewöhnlichen Entwicklung der katalanischen Sprache war diese lange Zeit nicht standardisiert. Nur durch die besonders große Loyalität der Katalanisch Sprecher ist sie seit 2000 erfolgreich standardisiert. Zwischen 1000 und 1400 n. Chr. wurde Katalanisch als Sprache nur sekundär verwendet, benutzt wurde hauptsächlich Latein. Ab ca. 1400 wurde Katalanisch, aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Ausweitung, Amtssprache und dadurch Schriftsprache. Katalanisch wurde Literatursprache und in Europa eine der ersten Volkssprachen für wissenschaftliche und philosophische Texte. Diese ganz anfängliche Standardisierung endete nach 1500, weil zu dieser Zeit Katalanisch vom Kastilischen stark abgelöst wurde. Katalanisch wurde Dialekt zum Spanischen. In Katalonien wurden hauptsächlich Kastilisch und Latein verwendet. Nach dem spanischen Erbfolgekrieg war Katalanisch fast ganz verdrängt. Erst ab 1800, zum Zeitpunkt des Industrialisierungsschubs, gewannen katalanisch sprechende Handwerker an Macht und es begann die Standardisierung ab Wiedereinführung des Dichterwettstreits der „Jocs Florals“ in Barcelona. Zwischen 1800 und 2000 scheiterten viele Versuche der Standardisierung, weil die vielen unterschiedlichen Dialekte (unterschiedliche Rechtschreibung, Grammatik und Phonetik) und die Zersplitterung des katalanischen Sprachgebiets Schwierigkeiten mit sich brachten. Ab 1950 wurde die katalanische Sprache und Kultur nach Francos Regentschaft wieder aufgebaut. Katalanisch war Unterrichtssprache und wurde in Presse und Medien verwendet. Schließlich, ab 2000, ist Katalanisch durch Dezentralisierungspolitik Spaniens und durch Politik Kataloniens erfolgreich standardisiert und gilt als moderne Literatursprache mit einheitlicher Orthographie.[10]


Quellen

  1. Eberenz, 1998, 83-92
  2. Quintana, 19812, 24
  3. Ferrer, 1995, 473-486
  4. Eberenz, 1998, 83-92
  5. http://www.katalanistik.uni-frankfurt.de/
  6. Eberenz, 1998, 83-92
  7. Eberenz, 1998, 83-92
  8. Ferrer, 1995, 473-486
  9. Ferrer, 1995, 473-486
  10. Rogge, 1991, 192-218

Publikationen

  • Eberenz, Rolf (1998): „Katalanisch und Romanisch. Le catalan et les langues romanes“ in: Holtus, Gunter (Hrsg.); Michael Metzeltin, Christian Schmitt. Lexikon der Romanistischen Linguistik (LRL). Bd VII. Tübingen:Niemeyer. S.83-92.
  • Ferrer, Eduardo Blasco (1995): „Katalanische Koine. La koinè catalane“ in: Holtus, Gunter (Hrsg.); Michael Metzeltin, Christian Schmitt. Lexikon der Romanistischen Linguistik (LRL). Bd. II,2. Tübingen: Niemeyer. S.473-486.
  • Meyer-Lübke, Wilhelm (1925): Das Katalanische. Seine Stellung zum Spanischen und Provenzalischen. Heidelberg: Winter.
  • Quintana, Artur (19812 ): Handbuch des Katalanischen. Barcelona: Barcino.
  • Rogge,Waltraud; Christiane Beinke (1991): „Katalanisch: Sprachnormierung und Standardsprache. Norme et standard“ in: Holtus, Gunter (Hrsg.); Michael Metzeltin, Christian Schmitt. Lexikon der Romanistischen Linguistik (LRL). Bd. V,2. Tübingen: Niemeyer. S.192-218.

Internetquelle: http://www.katalanistik.uni-frankfurt.de 13.02.2010