Textverstehen

From Glottopedia
Jump to navigation Jump to search

Das Textverstehen bezieht sich auf eine aktive kognitive Konstruktion des einem Text zugrundeliegenden Sinns in der rezeptiven Textverarbeitung. Es ist intentionsgeleitet und zielgerichtet.

Kommentare

Als Verstehen bezeichnet Schnotz den aktuellen Aufbau einer konsistenten und kohärenten mentalen Repräsentation (Schnotz 1994: 32, 49). Für ihn ist Textverstehen nur eine der vielen Varianten des Verstehens (32).

Zitate

  • Beim Textverstehen handelt es sich um einen strategischen, d. h. zielgerichteten und effizienzorientierten flexiblen Prozess, der intentional gesteuert und metakognitiv reguliert wird (Schnotz 1994: 302).
  • Textverstehen erfordert die Aktivierung nicht nur von sprachlichem, sondern auch von inhaltlichem Vorwissen. Dadurch geht die beim Verstehen konstruierte mentale Repräsentation immer über die explizit vermittelte Information hinaus, und das Verstehen ist jeweils kontextabhängig (Schnotz 1994: 50).
  • Bei der Rekonstruktion der betreffenden mentalen Repräsentation wird [. . .] nicht nur auf den gelesenen Text, sondern auch auf frühere Erfahrungen und Erfahrungen, die erst nach dem Lesen des Textes gemacht wurden, zurückgegriffen. Insofern verändert sich das beim Textverstehen erworbene Wissen im Lauf der Zeit im Sinne einer allgemeinen Tendenz, die Kohärenz vorhandenen Wissens zu erhöhen (Schnotz 1994: 50 f).

Schnotz unterscheidet das Nichtverstehen und das Missverstehen vom Verstehen eines Textes (33 ff):

  • Ein Text wird missverstanden, wenn er vom Leser in anderer Weise verstanden wird als vom Autor intendiert." (Schnotz 1994: 33).
  • Ein Text wird hingegen nicht verstanden, wenn der Leser nicht zum Aufbau einer kohärenten und in sich stimmigen mentalen Repräsentation in der Lage ist. Die Grenzen zwischen Verstehen und Nichtverstehen sowie zwischen richtigem Verstehen und Missverstehen sind fließend (Schnotz 1994: 50).

Siehe auch

Wissensverarbeitung, rezeptive Textverarbeitung, Wissen, Kohärenz, inferieren, Wissenssysteme, mentale Textrepräsentation

Link

Eva Schoenke, Textlinguistik-Glossar

Literatur

  • Schnotz, Wolfgang. 1994. Aufbau von Wissensstrukturen. Untersuchungen zur Kohärenzbildung beim Wissenserwerb mit Texten (= Fortschritte der psychologischen Forschung 20). München/Weinheim: Psychologie Verlags Union.